Mit Vollmond auf der Zugspitze

Im Juli’24 stand ich mit einer enthusiastischen Fotogruppe der vhs Nord auf der Zugspitze. Die Stative ausgerichtet für die anstehende Abenddämmerung. Doch diese zierte sich hinter dicken Wolkenpaketen. Während wir, selbst verhüllt von dicker Wolkenwatte, warteten wir und tauschten eifrig Ideen und Tourenvorschläge aus. Eine Idee, die im Kreis der Teilnehmenden inmitten dieser Wolkenwatte geboren wurde, war eine Übernachtungstour auf die Zugspitze: die Abend- und Morgendämmerung in einer Tour! Und das Sahnehäubchen wäre noch der Vollmond für nächtliche Motive.

Oktober’24 – im Verlauf der Planungsphase konnte ich auch die Fachbereichsleitung der vhs von der Idee begeistern, so das wir die Fotoexkursion auf das erste Septemberwochenende 2025 fixierten. Die Nacht von Freitag auf Samstag, bot sich förmlich an, denn es war ein Abend vor Vollmond. Ideal um auch den Mond rund in die Motivkulisse zu integrieren.

Warum für eine solche Tour ausgerechnet die Zugspitze? Zählt sie doch aus touristischer Sicht zu den besterschlossenen Gipfeln der Alpen. Was im Umkehrschluss auch bedeutet, dass sie im Tagesverlauf je nach Witterung von bis zu 6.000 Besuchenden heimgesucht wird. Und doch bietet sie durch ihre freistehende Lage am nördlichen Alpenrand einen außergewöhnlichen Blick: Im Norden die deutlich tieferliegenden Gipfel der Ammergauer Alpen mit dem Loisachtal, das in das Alpenvorland führt sowie dem Estergebirge. Im Osten die Isar-Vorberge, das Karwendelgebirge und dem steilabfallenden Reintal unter uns. Südlich reicht der Blick hinüber zu den deutlich höheren Gipfeln des Alpenhauptkamm. Sowie im Westen die Lechtaler und Allgäuer Alpen. Hinzu kommt bei passender Witterung die beeindruckende Fernsicht, die eine Sichtachse von über 500 km erreichen kann. Allessamt Aspekte, die uns das hektische Treiben tagsüber erdulden lassen.

September’25 – in der Woche bevor wir aufbrachen, beobachtete ich aufmerksamer als sonst die Wettervorhersage für die Zugspitz-Region. So wie sich die Witterung für das erste Septemberwochenende ankündigte, bahnt sich die erste Schneeballschlacht auf dem Gipfelplateau für den kommenden Winter an. Mit Zustimmung der Teilnehmenden verschoben wir unsere Zugspitzübernachtung um 24h von Samstag auf Sonntag, auf die eigentliche Vollmondnacht.

Samstagnachmittag starteten wir nach dem Fahrkartenkauf an der Talstation der Tiroler Zugspitzbahn in Ehrwald bzw. Obermoos. Oben angekommen verstauten wir unser Übernachtungsgepäck und drehten eine erste Orientierungsrunde über das Gipfelplateau auf der bayerischen wie auch auf der Tiroler Seite. Im Anschluss ging es ins Gipfelrestaurant für eine letzte warme Mahlzeit, bevor die Lokalitäten auf dem Plateau ihren Tagesbetrieb einstellten.

Frisch gestärkt widmeten wir uns dem späten Nachmittagslicht aus verschiedenen Positionen, klassische wie neuentdeckte. Mit den letzten Fahrten der bayerischen wie Tiroler Bergbahnen hinunter ins Tal, hatte sich das touristische bzw. hektische Treiben auf dem Plateau auch gelegt. Herausfordernd wurde es jetzt für die zahlreichen Gipfelstürmerinnen und Gipfelstürmer, die den Gipfel erst mit der einsetzenden Abenddämmerung erreichten. Sie hatten jetzt noch einen stundenlangen Abstieg vor sich, da die Lager im Münchner Haus ausgebucht waren. Was wir dort an diesem Abend erlebenten, war schon recht verblüffend – befremdlich! Wenn mir jetzt jemand sagt, es passiert so viel in den Bergen, kann ich mit den Erlebnissen nur antworten: ein Wunder, das nur so wenig passiert!

Eine gute Ausgangsbasis für den Blick nach Westen, bietet die kleine Eisenplattform mit der ehemaligen Grenzstation am Übergang auf die Tiroler Seite. Hier allerdings liegt die Herausforderung je nach Witterung in dem Standhalten gegen den Talwind, der hier schneidend aufsteigt. Ein stabiles Stativ sowie ein guter Bildstabilisator sind von Vorteil.

Die einsetzende Abenddämmerung tauchte den Himmel in ein Farbpalette aus den unterschiedlichsten Orangetönen mit einer Fernsicht die, nach Auskunft des Herrn vom Deutschen Wetterdienstes, der sich aus dem Meteorologischen Turm (Bergwetterwarte Zugspitze) neben dem Münchner Haus zu uns gesellte, bis in den Schwarzwald. In Zahlen ausgesprochen: wir hatten eine Fernsicht von gut 260 Kilometern nach Westen. Neben dem Farbrausch mit Blick über die Lechtaler und Allgäuer Alpen, hätten wir fast den Mondaufgang über dem Karwendelgebirge verpasst.

Bevor wir unsere Isomatten und Schlafsäcke für unser Nachtlager auf der Nordseite des Gipfelplateaus ausbreiteten, probierten wir uns mit dem aufsteigenden Mond über dem Höllental. Mit jedem neuen Anlauf, um den Bildausschnitt zu optimieren, erkannten wir, wie sich der Schattenwurf auf den Flanken der Riffelspitze und Waxensteiner veränderte. Unsere Belichtungszeiten lagen hier mittlerweile bei gut zwei Minuten.

Auch wenn wir uns zwischenzeitlich bei erfrischenden 3 °C Außentemperatur zur Nachtruhe in unsere Schlafsäcke gemümmelt hatten, so ganz ließ mich der Vollmond nicht aus. Und so tauschte ich meinen Schlafsack gegen meine winddichte Jacke und hielt nach weiteren Motivmöglichkeiten Ausschau. Interessant ist wie die Kamera das Licht sammelt. Mitunter erschienen die Aufnahmen bei den langen Belichtungszeiten Taghell. Das einzige, was auf eine Nachtszene schließen lässt, sind die Sterne, die hinter den Wolkenzieren ihrem Lauf folgen.

Der Wecker erinnerte uns um 4Uhr45, das wir uns auf die Morgendämmerung und den nachfolgenden Sonnenaufgang vorbereiten wollten. G’schwind waren die Isomatten und Schlafsäcke verstaut und wir bezogen erneut Position. Wie am Abend zuvor vom „Wetterfrosch“ angekündigt, bahnte sich eine ebenso farbige Morgendämmerung an, die dem Farbrausch der vorherigen Abenddämmerung in nichts nachstand. Gleiches gilt für die Fernsicht in Richtung Osten. Hier konnten wir am Horizont die Gipfel des Bayerischen Waldes in über 250 km Entfernung ausmachen. Wohlgemerkt: Luftlinie!

Mit der Ruhe auf dem Gipfelplateau war es schnell vorbei, da die Tiroler Zugspitzbahn am Sonntagmorgen zu einer Sonnenaufgangsfahrt mit Frühstücks-Buffet eingeladen hatte. Die erste, vollbesetzte Gondel startete um 5Uhr55, so dass es um 6Uhr10 mit der freien Platzwahl vorbei war. Auch wenn es ab jetzt hektisch um uns herum wurde – das Farbspiel am morgendlichen Himmel war beeindruckend.

Kurz nach dem die Sonne die Bühne betrat, verschwand sie auch direkt hinter den Wolken. So gönnten wir uns an den Stehtischen des Tiroler Gipfelrestaurants ein Heißgetränk und traten im Anschluss den Weg ins Tal an. Unten angekommen wechselten wir zügig unsere Wintersachen gegen luftigere Kleidung und verabschiedeten uns.

Eine Frage die, bereits mehrfach gestellt wurde: wird es eine Wiederholung der Tour geben? Von meiner Seite gerne! Ob es wieder die Zugspitze wird, das wird sich im Lauf er Planungsphase zeigen…