Sand | Wellen | Wolken
entlang der Kurische Nehrung

Mit Thürmer Tours  ging auch in diesem Herbst von Kiel mit der Victiria Seaways über die Ostsee nach Klaipeda auf die Kurische Nehrung.

Der Nehrungshaken, 98 km lang und zwischen 350 Meter und 3,8 km breit, er gilt laut wikipedia, als die größte bzw. längste Halbinsel der Welt. Sie reicht grob von der Stadtgrenze Kaliningrads im Westen, bis an die Memelmündung gegenüber der Hafenstadt Klaipeda im Osten. Somit entfallen 46 km auf russisches sowie 52 km auf litauisches Staatsgebiet. Auf beiden Seiten der Grenze werden Dünen, Wälder und Küsten von Nationalparks (in Litauen: Kuršių Nerijos Nacionalinis Parkas, KNNP, in Russland: Национа́льный парк Ку́ршская коса́ bzw. Nazionalny park Kurschskaja kossa) geschützt. Darüber hinaus zählt die Kurische Nehrung seit dem Jahr 2000 zum UNSECO Weltkulturerbe.

Wie schon im Vorjahr, nutzten wir die Schiffspassage mit den DFDS-Fähren von Kiel nach Klaipeda für eine entspannte wie auch entschleunigende Anreise. Der Weg zum Fährhafen hingegen glich für einige Mitglieder unserer Reisegruppe, dank der DB eher einer Abenteuerreise.

In Klaipeda nutzte die Gruppe nach dem Frühstück die kurze Pause, die ich für die Fahrzeugbereitstellung benötigte für einen Foto-Walk durch die historische Altstadt. Im Anschluss ging es Einkaufen (persönliche Getränke, Snaks & Co.) um anschließend mit der kleinen Autofähre auf die Nehrung überzusetzen.

Einen ersten Stopp legten wir schräg gegenüber des Fähranlegers an der Ostseeküste ein. Fotografisch leider nicht so ergiebig wie im Vorjahr, doch eine erste Tuchfühlung mit den Elementen. Entlang der Verbindungsstraße 167, ziehen sich kilometerlange Wälder zwischen Kurischem Haff und der Ostseeküste. Kiefern – mal dicht auf dicht, dann wieder ziehen sie sich aufgelockert die Dünen empor. Parallel zur Straße erstrecken sich auch immer wieder an Urwälder erinnernde Mischwälder, deren moorastiger Boden mit dichten Farnteppichen überzogen ist.

Nach ca. 47 km erreichten wir Nida, die ehemalige Künstlerkolonie am Haff, unterhalb der Parnidžio kopa bzw. Parnidis-Düne. Im Ort bezogen wir im Hotel Nerija, das wir als Basislager nutzten zügig unsere Zimmer. Anschließend starteten wir mit leichter Ausrüstung (die Kamera über der Schulter) zu einem Erkundungsspaziergang. Neben ersten fotografischen Häppchen entdeckten wir auch das Bernsteinmuesum (Mizgiris Amber Museum), einem kleinen, feinen privaten Museum, dazu später mehr.

In den kommenden Tagen genießen wir die Sonnenaufgänge von der Parnidis-Düne. Sie ist mit aktuell 52 m die höchste öffentlich zugängliche Düne. Tagsüber erkundeten wir zwischen Nida und Juodkrantė, ehemals Schwarzort die Haff- und Ostseeufer. Die Abendstunden verbrachten wir am Strand, mal in Nida, dann wieder nahe Pervalka.

Überrascht bin ich immer wieder aufs Neue, wie sich die Landschaft der Nehrung verändert. Beispielsweise die Parnidis-Düne – sie schrumpft seit Jahren. Einst mit 70 m die höchste Erhebung, misst sie aktuell nur noch eine Höhe von 52 m. Ihr Dünentäler verfüllen und verfestigen sich zusehends. Der ehemalige Bootsfriedhof für die grauen ausgedienten Fischerboote bei Juodkrantė ist zwischenzeitlich einem Bootssteg für Sportboote gewichen. Das ehemalige Künstlerviertel am Hafen von Nida, wird sich demnächst in eine moderne, den Plänen nach futuristische Marina verwandeln. Ob dort noch Platz für die verbliebenen Fischerboot bleibt? Ich bin gespannt.

Oben schon angesprochen, das Wetter – wurden wir 2022 von beeindruckenden Wolkenbergen begleitet – verwöhnt, hieß es dieses Jahr mit weitflächigem blauem Himmel zurecht zu kommen. Ähnlich verhielt es sich mit der Brandung während der Abendstunden entlang des Ostseestrandes. Hier dominierten im diesen Herbst Pastellfarben auf spiegelglatter Ostsee. An der Stelle lässt sich festhalten: das waren definitiv andere Motive als erhofft.

Gegenüber unserem nachmittäglichem Kaffee-Stopp im Senasis uostas nida, befindet auch das von dem litauischen Fotografen Kazimieras Mizgiris in Leben gerufene Mizgiris Amber Museum. Die Ausstellung verbindet mit ihren ausgewählten Exponaten, eine beindruckende Sammlung, gleichermaßen wie die Entstehungsgeschichte und nicht zuletzt die kulturhistorische Bedeutung des Ostseegoldes. Ein Museum, dass mit Liebe zum Detail und Herzblut seine Besucher begeistert. Wer mehr über die fotografischen Arbeiten von Kazimieras Mizgiris entdecken möchte, dem sei der Titel „Wind + Sand. Kurische Nehrung“ erschienen bei Kehrer, ISBN: 978-3-86828-962-6 empfohlen. Ebenfalls sind seine Bilder von Zeit zu Zeit in der Alfred Ehrhardt Stiftung in Berlin zu sehen.

Für einen Nachmittagsausflug, auf die andere Haff-Seite in das Memel-Delta sowie in das Dorf Mingės, nutzen wir eines der Ausflugsschiffe im Hafen von Nida. Bei strahlend blauen Himmel machten wir uns mit ruhiger See auf den Weg über das Haff. Im Mündungsdelta kürz hinter Vogelwarte bei Ventes Ragas (Windenburger Eck), die gut mit den gelblichen Netzten des Fanggartens zu erkennen ist, reihten sich Sandbank an Sandbank zwischen den Wasserarmen. Die Vogelwelt scheint hier ihren eigenen Regeln zu folgen. Treffen sich auf der einen Sandbank die Möwen, klönen auf der nachfolgenden Bank ausschließlich Kormorane. Die Seeadler bleiben Abseits des Mainstreams unter sich. Auch wenn die Vogelmotive abseits der Brennweiten von uns Landschaftsfotografierenden lagen, so war es dennoch schön zu beobachten. Nach einem Spaziergang durch das Dorf Mingės, das lange bis ins 20. Jahrhundert hinein als ein baltisches Venedig galt, fuhren wir gemütlich über das beinahe spiegelglatte Haff in der späten Nachmittagssonne in den Heimathafen nach Nida zurück.

Abweichend von unseren vorangegangenen Abend- und Morgenlocations, nutzten wir am letzten Abend die hölzernen Aussichtsplattformen auf der Parnidis-Düne für den Mondaufgang. Sowie das Haff-Ufer unterhalb der Parnidis-Düne – hier bescherte uns die Witterung eine farbenprächtige Abschiedsvorstellung /oder sollte ich sagen, eine Versöhnungsvorstellung mit einem rot-orangen Morgenhimmel.

Wieder in Klaipeda angekommen, nutzten wir das sommerliche Wetter für einen Abschiedsplausch auf der Meridianas im Hafen von Klaipeda, bevor wir unser Fahrzeug im DFDS-Fährterminal für die Fahrzeugübergabe vorbereiteten. Eine letzte Überraschung ereilte uns beim Check-In: In den vergangenen Jahren setzten wir wahlweise mit der Victoria- bzw. Regina-Seaways nach Kiel über. Diesmal traten wir den Heimweg mit der deutlich größeren Aura-Seaways an.

Nach dem Ausschiffen am Ostuferhafen startete der letzte Teil unserer Heimreise: Abenteuer Deutsche Bahn…